Pubertät
Mit welchen Themen setzen sich Jugendliche in diesem Alter auseinander?
Die Pubertät ist die Phase, in der Sexualität für die meisten Jugendlichen ein zentrales Thema ist.
Viele Jugendliche haben jetzt ihre ersten jugendlichen sexuellen Begegnungen,
sie probieren sich aus und sind intensiv mit der Veränderung ihres Körpers und ihrer eigenen Lust beschäftigt.
Diese Themen sind jetzt besonders wichtig:
- Verliebtsein, verwirrende Gefühle
- Körperveränderungen
- Selbstbefriedigung
- das „erste Mal“
- Bedürfnisse erkennen und äußern
- Grenzen erkennen und wahren (Konsens)
- Risikosituationen erkennen
- Schutz vor sexuell übertragbare Krankheiten
- sexuelle Orientierung
- Geschlechtsidentität
- Umgang mit und Konsum von Pornografie
Auch in den weiterführenden Schulen findet Sexualerziehung statt.
Die Inhalte sind nun natürlich andere als in der Grundschule.
Der Unterricht widmet sich jetzt beispielsweise Themen wie Verhütung, Menstruation, Partner*innenschaft, Liebe,
sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität.
Wie kann Sexualerziehung Jugendliche unterstützen?
Das Thema Sexualität ist schon in der Lebenswelt von Kindern präsent. Für Jugendliche gilt dies noch mehr. Zum einen rückt die hormonelle Umstellung der Pubertät das Thema in den Fokus – zum anderen gewinnen in dieser Phase die sozialen Medien wie Instagram, Youtube, TikTok & Co. besonders an Bedeutung. Auch hier geht es viel um Liebe und Sexualität und Körper.
Reden schafft Wissen – Wissen schafft Sicherheit
Bevor Jugendliche ihre ersten sexuellen Erfahrungen machen, sind sie bereits mit den Themen Liebe und Sexualität beschäftigt.
Darüber zu sprechen, hilft ihnen, diese Dinge besser zu verstehen und einzuordnen – und ermöglicht es ihnen dadurch, einen sichereren Umgang damit zu entwickeln.
Die Sexualerziehung in der Schule dient somit nicht nur dazu, ihnen Fakten dazu zu vermitteln.
Sie soll auch dazu beitragen, Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen, selbstbestimmt und selbstbewusst mit Intimität, Sexualität und Beziehung umzugehen und aufgeklärte Entscheidungen zu treffen.
Insofern kann sie Sie in der Erziehung Ihrer Kinder in diesem Bereich gut unterstützen.
Häufig findet der Unterricht in Kooperation mit externen Organisationen, Projekten und Vereinen zur sexuellen Bildung und zur Sexualaufklärung statt.
Die Mitarbeiter*innen dieser Institutionen verfügen über breite Erfahrungen in der Arbeit mit Jugendlichen.
Sie können sie kompetent und sensibel beraten und begleiten und ihnen einen geschützten Rahmen für Fragen, Probleme und Unsicherheiten bieten.
Nicht alle Eltern trauen sich Aufklärung selbst zu
In der Pubertät sind Kinder und Jugendliche sehr damit beschäftigt, sich von ihren Eltern abzugrenzen.
Das ist völlig normal. Für viele ist es deshalb sogar manchmal leichter, in der Schule über das Thema Sexualität zu sprechen statt zu Hause – auch dann, wenn das Verhältnis zu den Eltern gut und vertrauensvoll ist.
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Jugendliche sogar den größten Teil ihres Wissens über Sexualität von Lehrkräften oder anderen Pädagog*innen vermittelt bekommen.
Das könnte daran liegen, dass sich gar nicht alle Eltern zutrauen, ihre Kinder selbst umfassend aufzuklären, zum Beispiel, weil das Thema sie mit eigenen Unsicherheiten konfrontiert.
Aufgeklärte Jugendliche haben ein besseres Gefühl für den „richtigen“ Zeitpunkt
Viele Jugendliche haben bei den Themen Liebe und Sexualität mit großen Unsicherheiten zu kämpfen.
Sexualpädagogische Angebote können sie darin unterstützen, ihre Fragen angstfrei zu formulieren und sie darin stärken, selbstbestimmt und respektvoll anderen gegenüber zu handeln.
Jugendliche, die gut aufgeklärt sind und sich ihrer Gefühle bewusst sind, sind besser in der Lage, zu entscheiden, ob sie sexuell aktiv werden möchten – und gegebenenfalls den für sie richtigen Zeitpunkt dafür zu wählen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat 2019/20 in einer Studie festgestellt,
dass Jugendliche ihre ersten sexuellen Erfahrungen heute eher später machen als früher – und das in einer Zeit,
in der das Thema Sexualität überall immer präsenter ist.
Aufklärung schützt vor früher Schwangerschaft und HIV
Und schließlich können Jugendliche, die gut aufgeklärt sind, besser Risiken vermeiden. Sie gehen mit Verhütung selbstverständlicher um und können sich so besser vor ungewollter Schwangerschaft schützen. Und sie wissen, wie sie sich verhalten müssen, um die Gefahr für sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV zu minimieren.
Auch in höheren Klassen: Eltern sind immer eingebunden
In der Sexualerziehung wird großer Wert darauf gelegt, dass Eltern informiert und eingebunden sind. Die Sexualerziehung an Hamburger Schulen orientiert sich an den Paragrafen 5 und 6 des Hamburgischen Schulgesetzes. Darin ist auch geregelt, dass Sorgeberechtigte vorab über die geplante Sexualerziehung informiert werden. Genau wie in der Grundschule können Sie sich auch bei den höheren Klassen im Vorfeld von der Lehrkraft Themenschwerpunkte, Materialien und Methoden vorstellen lassen. Grundlage für den Unterricht sind die schulformspezifischen Bildungs- und Rahmenpläne, in denen festgelegt ist, was in welcher Jahrgangsstufe Kinder und Jugendliche lernen sollen
Die Teilnahme an Sexualerziehung für Schüler*innen ist gemäß der Paragrafen 5 und 6 des Hamburgischen Schulgesetzes verpflichtend. Daher ist eine Befreiung von der schulischen Sexualerziehung in der Regel nicht möglich. In Fällen, in denen Schüler*innen oder Sorgeberechtigte die Teilnahme dennoch nicht möchten, sollten alle Beteiligten darüber sprechen und versuchen, eine Lösung zu finden.Welche Angebote gibt es außerhalb der Schule für Jugendliche?
Auch außerhalb des Unterrichts gibt es Angebote für Jugendliche, die ihnen ermöglichen, in einem geschützten Rahmen über Liebe und Sexualität zu sprechen. Viele Jugendliche fühlen sich bei diesen Themen freier, wenn keine Elternteile dabei sind – und keine Lehrkräfte, von denen sie es in anderen Fächern gewohnt sind, dass sie ihre Leistung bewerten.
Außerschulische sexuelle Bildung: transparent und kompetent
In diesen Einrichtungen und Projekten gibt es geschulte Mitarbeiter*innen und Pädagog*innen, die seit Jahren mit Jugendlichen arbeiten und auf umfangreiche Erfahrung in der Aufklärung zurückgreifen können. Diese Arbeit folgt üblicherweise einem Konzept, das für andere Pädagog*innen und Eltern transparent und jederzeit einsehbar ist. Fragen von Eltern oder anderen Sorgeberechtigten sind hier erlaubt und erwünscht. Bei schulisch organisierten Angeboten können sich Eltern hierzu an die Lehrkräfte wenden, die ihre Fragen dann weitergeben.
Gute Sexualpädagogik …- … nimmt Jugendliche mit ihren Fragen und Ängsten ernst
- … fördert Respekt, Akzeptanz und Toleranz
- … fördert die Gleichberechtigung der Geschlechter
- … bestärkt Jugendliche, ihre Grenzen zu kennen und zu wahren
- … stärkt sie in ihrem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- … vermittelt ihnen Kompetenz z. B. im Umgang mit Verhütungsmitteln.
Wie wird mein Kind von sozialen Medien und dem Internet beeinflusst?
Das Thema Sexualität ist in unserer Gesellschaft sehr präsent, beispielsweise in der Werbung und in den Medien. Vor allem beeinflussen aber soziale Netzwerke wie Instagram, Youtube, TikTok & Co. Kinder und Jugendliche heute immens. Sie prägen Körperbilder und schaffen Körpernormen. Es ist nun besonders wichtig, sie darin zu bestärken, dass sie sich den Schönheitsidealen und Rollenbildern, die in den sozialen Medien transportiert werden, nicht anpassen müssen. Sich davon abzugrenzen, ist für viele Jugendliche eine große Herausforderung. Es gelingt ihnen umso leichter, wenn sie sich von klein auf frei entfalten durften und ein positives Gefühl zu ihrem eigenen Körper entwickeln konnten.
Zugriff auf sexuelle Inhalte ist heute leichter
Was Sexualität angeht, waren Jugendliche schon immer neugierig, auch bevor es das Internet gab. In der heutigen Zeit haben sie aber deutlich leichteren Zugriff auf sexuelle und pornografische Inhalte als früher: Mit wenigen Klicks können sie im Internet Videos und Bilder finden, die eigentlich für Erwachsene bestimmt sind. Oft stoßen sie aber auch zufällig auf solche Inhalte - oder sie bekommen sie von anderen Personen zugesendet.
Pornografie zeigt oft keine partner*innenschaftliche Sexualität
Die Darstellungen dieser Inhalte entsprechen selten real gelebter, vielfältiger, partner*innenschaftlicher Sexualität. Sie sind meist reduziert auf Penetrations- oder Oralsex, in dem Frauen passiv und Männer dominierend agieren. Häufig sind sie entwürdigend für Frauen oder enthalten sogar gewalttätige Elemente. Viele Jugendliche sehen diese Bilder und Filme, bevor sie selbst aktive sexuelle Erfahrungen gemacht haben. Viele Eltern und auch Pädagog*innen sind besorgt, dass die Darstellungen sie überfordern und verstören könnten. Sie befürchten beispielsweise, dass die transportierten Rollen Mädchen einschüchtern und Jungs unter Druck setzen könnten.
Jugendliche sind kompetenter, als Erwachsene denken
In der Praxis zeigt sich allerdings, dass viele Jugendliche sehr wohl in der Lage sind,
pornografische Inhalte kritisch zu reflektieren – und sie als das zu sehen, was sie sind:
als Inszenierungen, die mit dem echten Leben oft wenig zu tun haben.
Dennoch ist es wichtig, dass Jugendliche Orte und Menschen haben, um darüber zu sprechen, dass …
- … Sex mehr ist als der klassische und geradezu leistungsorientierte Penetrationssex, den sie in Pornofilmen sehen
- … „echter“ Sex vielfältig, zärtlich und liebevoll sein darf
- … Jungs und Mädchen keine festgelegten Rollen spielen müssen
- … dass sie beim Sex nichts leisten müssen
- … Sexualität immer und ohne Ausnahme einvernehmlich sein muss.
Nicht tabuisieren – aber gesprächsbereit sein
Eltern haben keine Möglichkeiten, vollständig zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche in den Medien sexuelle Inhalte sehen. Sie können auch nicht immer kontrollieren, welche es sind. Es ist deshalb sinnvoll, das Thema nicht zu tabuisieren, sondern zu akzeptieren, dass Jugendliche neugierig sind, und damit zu rechnen, dass sie unter Umständen auch mit pornografischen Darstellungen in Kontakt kommen. Eltern sollten mit ihren Kindern darüber sprechen und dabei auch darauf eingehen, was nicht erlaubt ist. Die Erfahrung zeigt, dass Vertrauen hier Vertrauen schafft: Wenn Eltern ihren Kindern signalisieren, dass sie als Gesprächspartner*innen zur Verfügung stehen, stehen die Chancen gut, dass sie tatsächlich um Rat fragen, wenn sie beispielsweise verstörende Inhalte sehen.
Mein Kind outet sich - was tun?
Wenn Ihr Kind Ihnen sagt, dass es schwul, lesbisch, bisexuell oder trans* ist, ist dies zunächst einmal ein großer Vertrauensbeweis. Auch wenn es nicht leicht für Sie sein sollte: Versuchen Sie, Ihr Kind mit all seinen Gefühlen ernst zu nehmen und zu respektieren – auch dann, wenn sie Ihrem Bild, das Sie vielleicht von Ihrem Kind haben, nicht entsprechen sollten.
Ein Outing ist ein großer Schritt für Ihr Kind
Es kann sein, dass ein solches Outing eine Momentaufnahme ist - Sexualität und geschlechtliche Identität sind fließend. Jeder Mensch, also auch jede*r Jugendliche, hat ein großes Spektrum von Gefühlen verfügbar. Sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität können sich deshalb im Laufe des Lebens auch immer wieder verändern. Aber ob es so bleibt oder sich verändert: Es ist immer ein großer Schritt, sich den Eltern gegenüber zu outen. Es ist häufig mit der Angst verbunden, die Liebe und die Unterstützung der Eltern zu verlieren. Deshalb ist es wichtig, dass Sie offen und bestärkend reagieren – und Ihr Kind dazu ermutigen, sich auszuprobieren und seine eigenen Entscheidungen zu treffen.
Unterstützung einholen
Manchen Eltern fällt es zunächst schwer, zu akzeptieren, dass ihr Kind beispielsweise homosexuell ist, oder sie sind unsicher, wie sie damit umgehen sollen.
Bestimmte Anlaufstellen, die sich mit diesen Themen auskennen, können dabei helfen,
zum Beispiel in Hamburg das Magnus-Hirschfeld-Centrum, der Lesbenverein Intervention, pro familia oder das Familienplanungszentrum Hamburg.